FAQs in German

1. Haben meine Epilepsiepatienten ein erhöhtes Risiko für eine schwer verlaufende COVID19 Infektion?

Bislang liegen begrenzte Informationen aus jenen Ländern vor, die bereits mehr Erfahrung in Hinblick auf die Pandemie haben (z.B. China, Italien, Vereinigte Staaten von Amerika). Diese legen nahe, dass Menschen mit Epilepsie weder ein erhöhtes Risiko haben, mit dem Virus infiziert zu werden, noch einen schweren Verlauf der COVID- 19 Infektion zu erleiden.

Hochrisiko-Gruppen bleiben jene Menschen, die Erkrankungen haben, welche die Mobilität beeinträchtigen, Patienten mit chronischer Lungenerkrankung, Diabetes mellitus, arterieller Hypertonie, schwerer Herzerkrankung, sowie eingeschränkter Immunfunktion aufgrund einer zugrundeliegenden Erkrankung oder immunsuppressiven Therapie. Menschen mit Epilepsie können ebenso eine dieser medizinischen Beeinträchtigungen aufweisen.

2. Besteht das Risiko einer Exazerbation von Anfällen im Rahmen einer COVID-19 Infektion?

Bei speziellen Epilepsiesyndromen wie z.B. Dravet-Syndrom, oder anderen Epilepsiesyndromen, bei welchen Anfälle durch Fieber getriggert werden, besteht das Risiko einer Zunahme der Anfallsfrequenz im Rahmen von Fieber, assoziiert mit einer COVID-19 Infektion. Bislang gibt es jedoch noch keine Fallberichte über eine Anfallsaggravierung durch COVID 19 in dieser Patientenpopulation.

3. Sollte jegliche Medikation bei Epilepsiepatienten mit COVID-19 Infektion vermieden werden?

Obwohl Berichte über ein mögliches erhöhtes Risiko schwerer Infektionen in Assoziation mit nicht-steroidalen Antirheumatika vorliegen, gibt es kaum wissenschaftliche Daten, die dies bestätigen können.
Bestimmte Medikamente, welche zur Behandlung schwerer Infektionen eingesetzt werden, können bei Epilepsiepatienten kontraindiziert sein. Dies muss von Fall zu Fall berücksichtigt und evaluiert werden. Auch mögliche Arzneimittelinteraktionen mit der antiepileptischen Medikation müssen überprüft und berücksichtigt werden.

4. Wie können wir unsere Patienten am besten vor einer COVID-19 Infektion schützen?

Wir sollten versuchen, unsere Patienten, wann immer von medizinischer Seite vertretbar, vom Krankenhaus und medizinischen Einrichtungen fernzuhalten, und die medizinische Betreuung nach Hause zu verlagern. Stellen Sie sicher, dass Ihre Patienten einen Notfallplan für zu Hause haben, welcher klar vorgibt, wann, in welcher Form und wie häufig ein Notfallmedikament zu Hause eingesetzt werden kann und wann eine Vorstellung in der Notaufnahme notwendig ist. Eine regelrechte und kontinuierliche Versorgung mit antiepileptischen Medikamenten sollte unbedingt sichergestellt sein. Telemedizinische Beratungen sollten, wo immer möglich, zum Einsatz kommen und einer persönlichen Vorstellung vorgezogen werden. (weitere Empfehlungen: Telemedicine for Epilepsy Care in the COVID-19 Era)

 

5. Wie können wir das Risiko einer Anfallsaggravierung bei unseren Patienten reduzieren?

Stellen Sie eine kontinuierliche Versorgung mit antiepileptischer Medikation sicher.
Notfallmedikamente sollten mit klaren Anweisungen bezüglich des genauen Einsatzes großzügiger und niederschwelliger verschrieben und eingesetzt werden. Es sollte klar mit den Patienten kommuniziert werden, wann dennoch eine Vorstellung in einer Notaufnahme oder im Krankenhaus notwendig ist.

Im Rahmen einer COVID-19 Infektion sind Müdigkeit und erhöhtes Schlafbedürfnis zentrale Symptome, welche zusammen mit reduzierter Nahrungsaufnahme die Medikamenteneinnahme beeinträchtigen und somit theoretisch auch zu Anfällen führen können.

6. Wie soll ich mit Patienten umgehen, die therapieresistent sind und eine Evaluierung hinsichtlich anderer Therapieoptionen benötigen?

Um das Infektionsrisiko zu minimieren haben die meisten Epilepsiechirurgischen Zentren elektive Untersuchungen und Eingriffe, einschließlich Video-EEG Monitoring, epilepsiechirurgische Eingriffen und Vagusnervstimulator-Implantationen zur Zeit pausiert.
Unterstützen Sie diese Patienten durch allgemeine Beratung hinsichtlich medikamentöser Therapie und versichern Sie die zeitnahe Planung der weiteren diagnostischen und therapeutischen Schritte nach Ende der Pandemie.

7. Wann ist es notwendig, in der aktuellen Pandemie ein EEG durchzuführen?

Um das Infektionsrisiko zu minimieren wird die Durchführung von EEGs nur in wenigen Situationen als absolut notwendig erachtet. Beispiele hierfür sind:

  • Verdacht auf das Vorliegen eines nicht-konvulsiven Status epilepticus
  • Epilepsie mit kontinuierlichen Spike-Wave-Entladungen im Schlaf (ESES)
  • zur Diagnostik bei infantilen Spasmen (link zu “CNS advice” auf IS, „AESNT advice“), oder
  • Monitoring bei Status epilepticus auf der Intensivstation

Die Durchführung eines EEGs kann nach erstmaligem epileptischem Anfall dann aufgeschoben werden, wenn die Diagnosestellung bereits durch eine detaillierte Anamneseerhebung erfolgen kann.

8. Welche allgemeinen Ratschläge sollten wir unseren Epilepsiepatienten geben?

  • Unterstützen Sie Ihre Patienten, indem Sie allgemeine Ratschläge zur Minimierung des Risikos einer Anfallsaggravierung geben.
  • Erwägen Sie, gemeinsam mit dem Patienten und Betreuungspersonen einen Pflegeplan zu entwickeln, mit Informationen darüber, was im Falle einer Infektion von Angehörigen oder Betreuungspersonen geschehen soll, um eine weiterführende Betreuung des Patienten zu gewährleisten.
  • Weisen Sie wiederholt auf die Wichtigkeit der regelrechten Medikamenteneinnahme und des Beibehaltens von Routineabläufen hin.
  • Geben Sie Anweisungen und Ratschläge, wie eine kontinuierliche Versorgung mit Medikamenten sichergestellt werden kann. Menschen mit Epilepsie und deren Betreuungspersonen sollten versuchen, Medikamenten-Engpässe vorab zu vermeiden und sicherstellen, dass eine wiederholte Verordnung der Medikation gewährleistet ist.
  • Betonen Sie die Wichtigkeit von ausreichendem Schlaf und, sofern möglich, regelmäßiger moderater sportlicher Betätigung, gesunder Ernährung und Vermeiden von Alkohol -und Drogenkonsum. Besprechen Sie mit Patienten, die unter einer Stimulus- induzierten “Reflex”-Epilepsie (z.B. Foto-sensitiver Epilepsie) leiden die Möglichkeit, auslösende Stimuli zu reduzieren oder gänzlich zu vermeiden (z.B. Computerspiele).
  • Besprechen Sie mit Ihren Patienten, dass sich psychische Leiden und Erkrankungen wie Angststörung oder Depression während dieser belastenden Zeit sowohl bei Patienten als auch Angehörigen verstärken können. Hilfe kann hier sowohl durch telefonische Beratung als auch weitere Einrichtungen zur Stressbewältigung bereitgestellt werden.